Ehegattenvertretungsrecht (und Vergütungserhöhung) vertagt

 

Aktuelle Infos zum Gesetzesvorhaben (Stand 7.7.2017)

 

Die Bundesländer hatten über den Bundesrat im letzten Herbst einen Gesetzentwurf zu einem umfassenden Vertretungsrecht des Ehegatten (und Lebenspartners) in den Bundestag eingebracht. Konkret sollte es um eine vollmachtsunabhängige Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge, der Freiheitsentziehung, des Sozialleistungsrechtes und der Postangelegenheiten geben. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag verständigten sich im Frühjahr auf eine "abgespeckte Version". Nur eine Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten sollte eingeführt werden, daneben wurde der Gesetzentwurf mit einer 15%igen Erhöhung der Vergütung für Betreuer, Vormünder und Verfahrenspfleger verknüpft.

 

Am 18.5.2017 beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit das Beistandsgesetz. Konkret wurde beschlossen, dass beginnend ab dem 1.7.2018 der (nicht getrennt lebende) Ehegatte oder Lebenspartner den anderen bei Entscheidungen der Gesundheitssorge (Einwilligung von Untersuchungen und Behandlungen bzw. deren Verweigerung sowie dem Abschluss der dazu nötigen Verträge) vertreten darf (als neue Form der gesetzlichen Vertretung, anders als im Bundesratsentwurf, der von einer fingierten Vollmacht sprach). Der Partner sollte auch den Arzt von der Schweigepflicht entbinden können, in Behandlungsunterlagen Einsicht nehmen und an frühere Patientenwünsche und -verfügungen gebunden sein. Im Falle von Dissensen mit dem Arzt war das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren (§ 1904 BGB) ebenfalls anwendbar.

 

Die Erhöhung der Vergütung war im gleichen Gesetz mit Wirkung vom 1.10.2017 vorgesehen.

 

Nun hat am 7.7. der Bundesrat einstimmig (also offenbar auch mit Billigung der neuen Landesregierungen in NRW und Schl.-Holstein) eine Vertagung der Beschlussfassung beschlossen. Eigentlich war der Gesetzesbeschluss auf der Bundesratssitzung an diesem Tag vorgesehen. Es bestünde noch ein deutlicher Diskussionsbedarf und die Verknüpfung des Ehegattenvertretungsrechtes mit der Vergütungserhöhung sei nicht sachgerecht. Bei letzterer sollte das Ergebnis des Forschungsvorhabens des ISG Köln zur Betreuungsqualität (im Herbst zu erwarten) abgewartet werden.

 

Das eigentliche Problem stellt hier die Neuwahl des Bundestages am 24.9.2017 dar. Zwar findet vorher noch eine Bundesratssitzung (am 22.9.) statt, jedoch könnte der Bundesrat nur noch zu dem unveränderten Gesetzesbeschluss vom 18.5. ja oder nein sagen. Änderungswünsche können aufgrund des Endes der Bundestagsperiode nicht mehr verhandelt werden. Mit der Bundestagsneuwahl sind aber alle Gesetzesvorlagen hinfällig (Diskontinuitätsprinzip). Und müssen nach der Neukonstituierung des Bundestages (vermutlich Ende Oktober) komplett neu eingebracht werden. Die Berufsverbände haben angekündigt, noch einmal gegenüber den Landesregierungen aktiv zu werden.

 

Es sieht aber derzeit so aus, dass das Ehegattenvertretungsrecht, wenn es überhaupt noch einmal angefasst wird, sich erst einmal deutlich verzögert. Das gleiche Schicksal erlitt der erste Vorstoß dazu im Jahre 2003 auch schon einmal. Nur dass die Öffentlichkeit durch die Medienberichte über die Gesetzespläne in dem Glauben war, das Vertretungsrecht existiere bereits. Das gleiche Dilemma trifft auch die Betreuungsvereine und Berufsbetreuer. Gerade erstere sind oft nicht mehr in der Lage, die meist tariflich vereinbarten Gehälter für die Vereinsbetreuer zu bezahlen. Letztere beuten sich selbst aus, oft auf Kosten einer angemessenen Vorsorge für das Alter. 

 


Weitere Informationen zum Gesetzentwurf mit Links zu den amtlichen Dokumenten, Stellungnahmen und Zeitschriftenbeiträgen im Online-Lexikon Betreuungsrecht >